Blockchain in der Geo-IT

Die meisten Menschen assoziieren Blockchain automatisch mit Bitcoin oder Ethereum. Kaum jemand kennt Anwendungsfälle, die über Kryptowährung hinausgehen. Die recht einseitige Berichterstattung trägt dazu bei, dass sich Vorurteile gegenüber der Blockchain-Technologie auch in der Geo-IT-Branche festsetzen. Dieser Beitrag soll helfen mit den Vorurteilen aufzuräumen sowie Vorteile und Potenziale aufzeigen – er basiert auf einem Vortrag von Stefan Rutka [1] beim User Group Meeting der GEOSYSTEMS GmbH am 09.11.2021 in Germering.

Vorurteil 1: Blockchain = Kryptowährung

Ja, Kryptowährung basiert auf Blockchain-Technologie – aber das ist noch lange nicht alles. Es gibt zahlreiche spannende Anwendungsfälle beispielsweise im Gesundheitswesen. Blockchain ist daher nicht automatisch gleichzusetzen mit Kryptowährung, da oftmals die wesentlichen Elemente der Blockchain wie Unveränderlichkeit oder Dezentralität den Mehrwert bringen und nicht nur irgendwelche Möglichkeiten Kryptowährung zu „minen“.

Vorurteil 2: Blockchain ist ein Ressourcenfresser

Auch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Natürlich, die öffentliche Bitcoin-Blockchain setzt das ressourcenintensive Mining durch seinen Proof-of-Work-Algorithmus voraus, allerdings können hybride oder private Blockchains, die eben nicht der ganzen Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, sogar zur Nachhaltigkeit beitragen.

Vorurteil 3: Blockchain ist einfach nur ein Buzzword

Rein emotional und ohne stichhaltiges Argument eine neue Technologie abzulehnen, ist wohl der größte Fehler. Ich erinnere mich an eine Intergeo zu Beginn meines Berufslebens, da sagte jemand zu mir: „Wirst schon sehen, Drohnen werden sich in der GIS- und Vermessungswelt nicht durchsetzen!“ – das lasse ich jetzt mal so stehen.

Wirft man einen Blick ins Baltikum, genauer gesagt nach Estland, bekommt man sehr schnell einen Eindruck davon. Hier wird an den verschiedensten auf Blockchain-Technologie basierenden Anwendungen gebaut, beispielsweise um digitale Wahlen abzuhalten.


Blockchain-Anwendungsfälle in der Geo-IT

Die Untersuchung von Anwendungsfällen in der Geoinformatik gestaltet sich zögerlich. Gibt es in einigen Ländern des Baltikums und auch einigen afrikanischen Staaten Unternehmungen die Liegenschaftsverwaltung auf einer Blockchain abzuwickeln, steht man in Deutschland vor dem Luxusproblem eine funktionierende Liegenschaftsverwaltung zu haben, welche eine Umstellung der bestehenden Datenhaltung auf einen Ansatz mit Blockchaintechnologie im Prinzip überflüssig macht.

In meiner Abschlussarbeit zum Thema Distributed Ledger Technologien in der Liegenschaftsverwaltung [2] habe ich dennoch untersucht, ob sich Vorteile ergeben können und ob eine Abwicklung der verschiedenen Vorgänge in der Liegenschaftsverwaltung (neue Flurstücke, Eigentümeränderung, Flurstücksteilung, …) überhaupt umsetzbar wären.

Blockchain-Potenzial in der Geo-IT vorhanden, Notwendigkeit (noch) nicht

Dabei kam ich zu dem Schluss, dass Verbesserungspotenzial grundsätzlich vorhanden ist – allerdings zu welchem Preis? Im Fall von geographischen Fragestellungen der Liegenschaftsverwaltung mag es Vorteile geben, v.a. durch den dezentralen Ansatz, allerdings könnten diese Vorteile auch durch entsprechende Erweiterung der bestehenden Landschaft ermöglicht werden.

Bundesregierung möchte Grundbuch auf Blockchain untersuchen lassen

Die neue Bundesregierung hat im November 2021 im Koalitionsvertrag [3] festgehalten, die Machbarkeit einer technischen Umsetzung des Grundbuchs auf Blockchaintechnologie untersuchen zu lassen. Es bleibt zu beobachten, wie sich diese Bemühungen entwickeln.


Weiterführende Informationen:

[1] Keynote „Blockchain-Technologie in der Geo-IT“ auf Youtube: https://youtu.be/Lzojmhucp0U

[2] Abschlussarbeit Distributed Ledger Technologien in der Liegenschaftsverwaltung: http://unigis.sbg.ac.at/files/Mastertheses/Full/103465.pdf

[3] Koalitionsvertrag „Mehr Fortschritt wagen“ (Grundbuch auf Blockchain S. 93): https://www.tagesschau.de/koalitionsvertrag-147.pdf

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Stefan Rutka

Stefan Rutka

Stefan ist Head of Marketing & Sales und schreibt im Blog über digitale Transformation mit Schwerpunkt öffentliche Verwaltung.